Die Genf II-Friedenskonferenz zu Syrien muss sich für ein sofortiges Ende der Belagerung von Städten einsetzen. Eingeschlossene Kinder, Frauen und Männer verhungern, weil Regierungstruppen die Städte abriegeln, die von der Opposition kontrolliert werden. Amnesty International fordert die syrische Regierung und die Oppositionsgruppen auf, den Hilfsorganisationen vor Ort ungehinderten Zugang im ganzen Land zu gewähren.
„In den letzten Tagen haben uns aus den belagerten syrischen Städten herzzerreissende Bilder erreicht, die ausgemergelte Kinder und skelettartige Gestalten zeigen. Die humanitäre Krise in Syrien nimmt immer schlimmere Ausmasse an. Wir fordern mit Nachdruck, dass die an den Genf II-Gesprächen beteiligten Staaten, die Vereinten Nationen, die syrische Regierung und die Syrische Nationale Koalition es zu ihrer obersten Priorität machen, das Leid der Menschen in Syrien zu lindern“, sagte Philip Luther, Direktor der Abteilung für den Mittleren Osten und Nordafrika bei Amnesty International.
Abgeriegelte Stadtteile und Regionen
Die syrische Regierung hat in Damaskus und Umgebung lebenswichtige Hilfslieferungen an die Zivilbevölkerung behindert. So auch im Al-Yarmouk-Lager für palästinensische Flüchtlinge, wo Berichten zufolge seit Juli mindestens 49 Menschen, darunter 17 Frauen und Mädchen, gestorben sind. Einige von ihnen sind verhungert. Eine Krankenschwester hat Amnesty International berichtet, dass Menschen auf der Suche nach Nahrung auf den Feldern von Scharfschützen erschossen wurden.
Die Blockade einiger Regionen (Moadamiya, Ost-Ghouta und andere) hat dazu geführt, dass die Bewohner so gut wie keine Lebensmittel und Medikamente haben. Nach Schätzungen der Uno-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos befanden sich im vergangenen Monat rund 250″˜000 Menschen ausserhalb der Reichweite jeglicher Hilfsversorgung.
„Die syrische Regierung bestraft in grausamer Weise die Zivilbevölkerung in den von der Opposition kontrollierten Städten. Das Aushungern von Zivilpersonen als Mittel der Kriegsführung ist ein Kriegsverbrechen. Die Abriegelungen müssen umgehend aufgehoben und der Zugang zu humanitärer Versorgung darf niemals für die Verwirklichung militärischer oder politischer Ziele vereinnahmt werden“, sagte Philip Luther. Amnesty International ruft die Konferenzteilnehmer zudem auf, die Freilassung von Gewissensgefangenen und zivilen Geiseln zu erwirken.
Generell fordert Amnesty den Stopp von Waffenlieferungen an die syrische Regierung, an den Islamic State in Iraq and al-Sham (ISIS) sowie an diejenigen bewaffneten Oppositionsgruppen, welche Kriegsverbrechen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen verüben. Ausserdem müssen Angriffe auf nicht-militärische Ziele sowie die weitverbreitete Praxis von Folter und aussergerichtlichen Hinrichtungen von allen Konfliktparteien gestoppt werden. Amnesty International appelliert seit 2011 an den Uno-Sicherheitsrat, die Situation in Syrien der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs vorzulegen.
Medienmitteilung Amnesty International, London/Bern, 21. Januar 2014