Kinderheiraten, Teenagerschwangerschaften, Homophobie – die Menschenrechte im Bereich von Sexualität und menschlicher Fortpflanzung stehen weltweit unter Druck: Abtreibungsgesetzgebungen werden verschärft, Sexualerziehung verteufelt, gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisiert. Das ist eine massive Gefahr für die Gesundheit vor allem von Frauen und jungen Menschen, warnt Amnesty International anlässlich der Lancierung einer weltweiten Kampagne zum Schutz der sexuellen und reproduktiven Rechte.
Schätzungsweise 142 Millionen Mädchen werden zwischen 2011 und 2020 bereits im Kindesalter verheiratet werden. Jährlich gebären 14 Millionen Mädchen im Teenageralter ihr erstes Kind. 215 Millionen Frauen haben keinen Zugang zu Verhütungsmitteln. Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind zurzeit in 76 Ländern strafbar, namentlich in 36 Ländern Afrikas.
Staatliche Kontrolle und Kriminalisierung von sexuellen Beziehungen, Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft gefährden die Gesundheit und das Leben von Millionen vor allem junger Menschen auf der ganzen Welt. Jetzt lanciert Amnesty International eine globale Kampagne zum Thema der „sexuellen und reproduktiven Rechte“.
Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty kritisiert den Umgang mit Menschenrechten in diesem Bereich mit deutlichen Worten: „Es ist absurd: Während die einen Staaten Kinderheiraten und Vergewaltigung in der Ehe gesetzlich gutheissen, erklären andere die Abtreibung, aussereheliche sexuelle Beziehungen und gleichgeschlechtliche Sexualität als illegal. Und dies im 21. Jahrhundert“, sagte er anlässlich der Lancierung der Kampagne am 6. März in Nepal.
Forderungen der Kampagne
„Menschen sollen ihre Sexualität selbstbestimmt und frei geniessen dürfen. Sie sollen Zugang zu Informationen, Beratung und Gesundheitsversorgung in diesem Zusammenhang haben. Und sie sollen vor sexueller Gewalt wirksam geschützt werden“, erläutert Stella Jegher, Frauenrechts-Expertin bei Amnesty Schweiz, das Ziel der auf zwei Jahre angelegten Kampagne unter dem Titel „My Body, My Rights“.
„Staaten haben die völkerrechtliche Pflicht, sexuelle und reproduktive Rechte zu gewährleisten. Es reicht nicht, repressive Gesetze aufzuheben. Es geht auch um positive Massnahmen zum Schutz und zur Förderung dieser Rechte.“
Die Kampagne soll namentlich junge Menschen dazu ermutigen, ihre Rechte in diesem Bereich zu kennen und einzufordern. Sie sollen selbständig, ohne Zwang und staatliche Kontrolle über ihre Sexualität, ihren Körper und ihre Gesundheit entscheiden dürfen.
Die Kampagne will aber auch staatliche Entscheidungsträger an ihre diesbezüglichen Verpflichtungen erinnern und verhindern, dass sexuelle und reproduktive Rechte zurückbuchstabiert werden.
Hintergrundinformationen
Im April 2014 findet in der Uno die Überprüfungskonferenz für das „Aktionsprogramm“ der Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung von Kairo (ICPD 1994) statt. Im Herbst 2014 diskutiert die Uno-Generalversammlung an einer Sondersession über ein mögliches Folgeprogramm. Auch im Rahmen der laufenden Diskussionen über die globale „Agenda post-2015 für nachhaltige Entwicklung“ stehen sexuelle und reproduktive Rechte zur Diskussion. Dabei wird befürchtet, dass Errungenschaften in diesem Bereich von konservativen und religiös geprägten Staaten infrage gestellt werden könnten.
In einem Bericht zur Lancierung der Kampagne „My Body My Rights“ dokumentiert Amnesty International Beispiele für die zunehmende Einschränkung und staatliche Kontrolle der sexuellen und reproduktiven Rechte in verschiedenen Ländern. Im Lauf der Kampagne wird Amnesty Schwerpunkte bei folgenden Ländern und Regionen setzen: In Nepal (zum Zusammenhang zwischen Frauengesundheit und Diskriminierung) Im Maghreb (frauendiskriminierende Gesetze), in El Salvador (Abtreibungsverbote) in Burkina Faso (erzwungene Schwangerschaften von minderjährigen Mädchen), Irland (Schwangerschaftsabbruch).