Festung Europa: Die Situation der Flüchtlinge an der griechisch-türkischen Grenze hat sich dramatisch verschlimmert.
„Flüchtlinge müssen sich vor der griechischen Küstenwache nackt ausziehen, ihre Habseligkeiten werden wegegenommen und sie werden mit Waffen bedroht, bevor sie in die Türkei zurückgeschoben werden“, sagt Cyrielle Huguenot von Amnesty International Schweiz. Amnesty International veröffentlichte den neuen Bericht „Greece: Frontier of Hope and Fear“ („Griechenland: Grenze der Hoffnung und der Angst“). Darin berichten Flüchtlinge, dass schwarz maskierte Männer ihnen Pässe und Geld abnehmen und sie dann in kleinen Booten in die Türkei zurückschleppen.
„Die Grenzpolizei verletzt das Verbot, Menschen in ein Land zurückzuschicken, in dem ihnen Gefahr für Leib und Leben droht Das sind unhaltbare Zustände. Die EU-Kommission muss endlich mit einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland vorgehen“, fordert Huguenot.
Traurige Berühmtheit erlangte die griechische Insel Farmakonisi in diesem Januar. Elf Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan ertranken, als die griechische Küstenwache ihr Boot in die Türkei zurück schleppen wollte.
„Diese sogenannten Push-Backs verstossen gegen internationales und europäisches Recht“, sagt Huguenot. „Die griechische Regierung muss die Menschenrechtverletzungen an ihrer Aussengrenze zur Türkei sofort unterbinden und aufgegriffenen Flüchtlingen ermöglichen, Asyl zu beantragen. Die griechische Regierung darf das Problem nicht länger negieren oder verharmlosen.“
Amnesty International fordert, dass alle Vorwürfe von Misshandlungen und Verstösse gegen internationales und europäisches Recht augenblicklich untersucht werden.
Hintergrund
Zwischen September 2012 und April 2014 haben Vertreterinnen von Amnesty International 148 Flüchtlinge und Migrantinnen befragt, die unter anderem in Abschiebelagern in Griechenland und Bulgarien sassen, oder sich in der Türkei aufhielten. Bereits im Juli 2013 erschien der Amnesty-Bericht „Frontier Europe: Human rights abuses on Greece“˜s border with Turkey“.
Am 20. Januar 2014 verloren 11 afghanische und syrische Flüchtlinge ihr Leben, als ein Fischerboot mit 27 Personen in der Nähe der griechischen Insel Farmakonisi sank. Unter den Toten waren 8 Kinder. Zwei Überlebende berichteten Amnesty International, dass das Boot sank, als die Küstenwache ihr Boot mit hoher Geschwindigkeit und im Zick-Zack durch das Wasser Richtung Türkei schleppte. Die Behörden streiten ab, dass es sich dabei um eine Rückschiebung gehandelt habe.
Medienmitteilung von Amnesty International, London / Bern, 29. April 2014